Die Idee hinter Lean Testing klingt ja zunächst einfach und die Aussicht auf #koalitytime überzeugt meistens auch die anfangs kritischen QAler. Was wir konkret damit meinen bzw. wie die Praxis des schlanken Functional Web Testing und Monitoring aussieht, wollen wir in Zukunft öfter für Euch beleuchten.

Fangen wir also mal mit einem einfachen Thema an: Grenzwertanalyse. Nehmen wir uns eine Methode, die z.B. E-Mail-Adressen validiert. Will man diese Methode mit Unit Tests abdecken, kommt man wahrscheinlich auf einige Tests. Kann man ja mal im Kopf durchspielen: Was wäre, wenn man eine E-Mail-Adresse wie langner@nils@example.de eingibt oder langner.example.de oder @example. Uns allen fallen sicher noch viele Dinge ein, die man in diesem Szenario testen könnte. Wenn man jetzt für jede der möglichen Äquivalenzklassen ein Beispiel durchtestet, müsste man eine sehr gute Unit-Test-Abdeckung haben und alles ist gut. Wahrscheinlich wird man es so auch in vielen Lehrbüchern finden. Sicherlich hat man am Ende ein wirklich robustes Stück Software, wenn man so vorgeht.

lean testing äquivalenzklassen

Die Frage, die wir uns gemäß Lean Testing Ansatz an dieser Stelle aber stellen: Was würde es kosten, wenn ein Anmeldeformular E-Mail-Adressen annehmen würde, die zwei @-Zeichen enthalten? Nichts? Wäre relativ egal. Dann hat man eben da eine ungültige Adresse im System. Das Beispiel mag vielleicht nicht immer passen, aber die Idee wird klar. In diesem Fall würden wir viel zu viel testen, auch wenn es bestimmt ein tolles Gefühl ist, jede Eventualität abgedeckt zu haben. Aber dieses Gefühl ist ohnehin eine Illusion aus analogen Zeiten, aber das ist wieder ein anderes Thema. Dazu vielleicht an anderer Stelle später einmal mehr… Uns geht es hauptsächlich darum, vor dem Testen den Businesswert von dem, was man gerade entwickelt und testet, zu betrachten.

Jetzt einfach ein Gedankenexperiment. Was wäre, wenn wir einfach eine durchschnittliche E-Mail-Adresse nehmen und sicher stellen, dass diese erkannt wird. Aus Businesssicht hätten wir damit wahrscheinlich 99% der möglichen Fälle bereits abgedeckt und würden den Nutzen des Formulars sicher stellen. Alles, was jetzt noch kommt, ist Kür und hat nicht wirklich einen Mehrwert.

Ist es nicht meistens aus geschäftlicher Perspektive ausreichend nur den Durchschnittswert durch zu testen? Würde man nicht sehr viel Zeit und Kosten sparen, wenn man sich darauf konzentriert? Wir glauben schon. Mithilfe dieses Vorgehens wäre unsere Webseite mit Formular vor allem viel schneller “am Markt” und kann sich am realen Nutzer und den 99% korrekten durchschnittlichen Email-Adressen beweisen.

Dieser Beitrag erschien bereits in anderer Version auf “the web hates me”, einem von Nils älteren Babies.